Gemeiner Birnblattsauger

Ordnung: Pflanzensauger (Homoptera)
Familie: Blattsauger (Psyllidae)
Deutscher Name: Gemeiner Birnblattsauger
Wissenschaftlicher Name: Cacopsylla, Syn.: Psylla pyri

Wirtschaftlich gesehen ist der Gemeine Birnblattsauger der bedeutendste tierische Schaderreger im Birnenanbau am Bodensee. Aufgrund seines großen Sprungvermögens wird er auch gerne als Blattfloh bezeichnet. In den vergangenen Jahren konnte eine stetige Befallszunahme beobachtet werden. Die Befallssituation ist von Betrieb zu Betrieb recht unterschiedlich. Große Birnenanlagen mit intensiver Bewirtschaftung zeigen meist ein stärkeres Birnblattsaugeraufkommen als kleine, extensiv bewirtschaftete Flächen. In Streuobstbeständen tritt dieser Schädling aufgrund des geringen Triebwachstums und der Anwesenheit verschiedenster Nützlingspopulationen wie Ohrwürmer und Blumenwanzen kaum auf. Der Birnblattsauger befällt hauptsächlich Birnbäume. Besonders anfällig sind die Sorten „Clapp’s Liebling“ und „Conference“.

Biologie

Aussehen
Die ausgewachsenen Tiere sind 3-4 mm groß. Im Sommer sind sie grünlich, zum Herbst hin verfärben sie sich braunschwarz. In Ruhestellung sind die Flügel dachförmig am Körper angelegt. Die Vorderflügel haben verdunkelte Stellen zwischen den Blattadern. Die Adulten sind sehr flink und können hervorragend springen. Die ovalen, 0,3 mm großen Eier sind zunächst weiß, verfärben sich später gelb. Sie werden in kleinen Gruppen auf das Fruchtholz, später auch auf Blütenbüschel, Knospen, Blätter und Triebe abgelegt. Die Larven, auch Nymphen genannt, werden bis zu 2 mm groß. Ihr Körper ist abgeplattet. Anfangs sind die Larven orangegelb, zum Ende ihrer Entwicklung verfärben sie sich dunkelbraun. Ältere Larvenstadien zeigen kleine Flügelschuppen.

Lebensweise
Der Gemeine Birnblattsauger überwintert als ausgewachsenes, geflügeltes Tier in Rindenritzen und unter Rindenschuppen der Birnenbäume. Im Frühjahr, wenn an zwei aufeinanderfolgenden Tagen die Temperaturen über 10°C ansteigen, werden die Tiere aktiv. Dies kann zum Teil bereits im Februar der Fall sein. Sie legen noch vor Knospenaustrieb bis zur Blüte ihre Eier auf das Fruchtholz ab. Die Larven schlüpfen ab Knospenaustrieb bis zum Blühende. Mit der Eiablage Mitte Mai beginnt die kritische Phase der Populationsentwicklung. Die Eier werden an die Oberseite junger Blätter, an Blatt- und Fruchtstiele und an Triebspitzen abgelegt. Aus ihnen schlüpfen ab Ende Mai die Larven der gefürchteten 2. Generation. Die Nützlingspopulationen befinden sich zu diesem Zeitpunkt im Aufbau, so dass eine wirkungsvolle Unterdrückung der Larvenentwicklung noch nicht gegeben ist. Insgesamt bildet der Birnblattsauger 3-4 sich zum Teil überschneidende Generationen pro Jahr. Ab Ende Oktober ziehen sich die erwachsenen Birnblattsauger in ihre Winterquartiere zurück. Die Wirtsfrage ist dabei noch nicht ganz geklärt. Man geht davon aus, dass es eventuell auch Winter-(Zwischen)wirte außerhalb der Obstanlagen gibt.

Schadbild

Die überwinternde Generation verursacht meist nur geringen Schaden, da viele der im Frühjahr auf dem Holz abgelegten Eier vorzeitig absterben. Erhebliche Schädigungen werden durch die Larven der 2. Generation verursacht. Diese saugen an Blütenbüscheln, Triebspitzen und Blättern und verursachen hierdurch starke Blattkräuselungen. Hinzu kommt ihre enorme Honigtauproduktion mit folgender Ansiedlung von Rußtaupilzen. Nicht nur die Blätter, sondern auch die Früchte werden stark verschmutzt. Dies setzt ihre Qualität stark herab und führt zu Beanstandungen am Markt. Massiver Befall kann zu Triebverkahlung, Kleinfrüchtigkeit und geringem Blütenknospenansatz im Folgejahr führen. Der Birnblattsauger gilt zudem als Überträger der Phytoplasmosekrankheit „Birnenverfall“ (Pear decline). Als besonders anfällig gelten die Sorten „Williams Christ“ und „Conference“.

Kontrolle

Während der Winterruhe sollten Klopfproben auf überwinternde Weibchen durchgeführt werden. Dies kann in der Vegetationszeit fortgesetzt werden. Nach dem Austrieb werden die Blätter auf geschlüpfte Larven hin untersucht. Diese Kontrollen sollten Mitte/Ende Juni und im August wiederholt werden, um so den Larvenschlupf der 2. und 3. Generation zu überprüfen. Die wirtschaftliche Schadensschwelle wurde von der FAW Wädenswil mit 30-50% befallener Blütenbüschel im Zeitraum Vor- bis Nachblüte festgesetzt (Kontrollumfang: 5 x 50 Blütenbüschel).

Vorbeugende Maßnahmen und natürliche Gegenspieler

Starkes vegetatives Wachstum wirkt befallsfördernd. Übermäßigem Neuaustrieb sollte mit angepasster Stickstoffdüngung und verhaltenem Schnitt entgegengewirkt werden. Abhilfe bei leichtem Befall schafft das Ausbrechen besiedelter Triebe.

Der Einsatz nützlingsschonender Pflanzenschutzmittel und das Schaffen strukturreicher Saumbiotope, wie Hecken und artenreiche Krautstreifen, fördern gezielt die natürlichen Gegenspieler des Birnblattsaugers. Als wichtigster Räuber gilt die 4 mm große Blumenwanze Anthocoris nemoralis. Sie ist ein sogenannter „Säuberungsräuber“ und wandert von außen in bereits befallene Anlagen ein. Die Regulierung ist daher zeitlich etwas verzögert. Während ihrer Entwicklung frisst eine Larve bis zu 1000 Blattsaugereier. Der Besatz sollte bei mindestens 1-2 Tieren je Ast liegen. Daneben sind Ohrwurm, Florfliege, Marienkäfer und Zehrwespe gerngesehene Helfer bei der natürlichen Eindämmung des Birnblattsaugers.

Bekämpfung

Der Zeitpunkt für eine Bekämpfungsmaßnahme liegt Ende Mai/ Anfang Juni und richtet sich gegen die Eier der 2. Generation. Eine einmalige Spritzung ist meist nicht ausreichend. Zum Einsatz sollten nur schonende Insektizide kommen, welche die natürlichen Feinde des Birnblattsaugers möglichst wenig schädigen. Die aktuelle Zulassungssituation ist zu beachten.